Karfreitag wurde uns genommen
Entgegen aller Versprechen der Bundesregierung wurde den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen.
Mit diesem Satz beginnt ein Brief, mit dem sich der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker am Sonntag an alle evangelischen Pfarrgemeinden wandte. "Wir haben von Anfang an praktikable Lösungen vorgeschlagen, die sowohl der Zusage, dass 'niemandem etwas weggenommen werden soll', als auch dem EuGh-Urteil entsprochen hätten: zum einen den Karfreitag als ganzen Feiertag für alle, zum anderen einen zusätzlichen (individuell festlegbaren) freien Tag", blickte Bünker zurück. "Beides wurde zurückgewiesen."
Die noch zu Beginn der vergangenen Woche seitens der Regierung favorisierte Variante, den Karfreitag zu einem halben Feiertag zu machen, hatte für evangelische Christen einen "unzumutbaren Eingriff in die Religionsausübungsrechte" bedeutet und habe zu lauter Kritik von vielen Seiten geführt, so Bünker weiter in dem vom Evangelischen Pressedienst veröffentlichten Schreiben. "Nachdem unsere Positionen lange ignoriert wurden, kam es in Folge dieses Unmuts zu sehr kurzfristig anberaumten Gesprächen" mit den Regierungskoordinatoren und Bünker, in die u.a. auch der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, eingebunden gewesen sei.
Mit seinem Vorschlag, statt des Pfingstmontags den Karfreitag als Feiertag vorzusehen, sei er "traurigerweise alleine geblieben", ließ der lutherische Bischof wissen. Kritik übte er am großen Zeitdruck und der Weigerung, "sich für ausführliche Gespräche mit allen Beteiligten ausreichend Zeit zu nehmen". Der Ausgang dieser (von Bünker unter Anführungszeichen gesetzten) "Verhandlungen" am 25. Februar wurde am 26. Februar veröffentlicht und tags darauf im Nationalrat beschlossen. "Somit konnte nur das Schlimmste verhindert werden: dass evangelische Familien nicht mehr gemeinsam am Karfreitag Vormittag Gottesdienst haben können", so Bünker.
"Zunächst Erleichterung", dann Enttäuschung
Dass diese "Halbfeiertagslösung" vom Tisch war, habe bei ihm "zunächst Erleichterung ausgelöst". Allerdings müsse der nun beschlossene "persönliche Feiertag" aus dem bestehenden Urlaubsanspruch genommen werden. "Hier wurde einseitig den Interessen der Wirtschaft gefolgt - und ein öffentliches Versprechen gebrochen", bekundete der Bischof nun "große Enttäuschung". Von einer Einigung zwischen Regierung und Evangelischer Kirche könne in diesem Punkt keine Rede sein. Für seine "erste, sehr eilig entstandene Stellungnahme" entschuldigte sich Bünker:
Dass dieser unglückliche Versuch als positive Zustimmung zum Gesamtergebnis gedeutet werden konnte, schmerzt mich sehr und tut mir leid.
Dass den Evangelischen ein bisher freier Tag genommen wird, "wirft ein Licht darauf, wie mit den Interessen religiöser Minderheiten in Österreich derzeit umgegangen wird", kritisierte Bünker. Viele Evangelische hätten sich empört an ihn gewandt, weil sie sich jetzt als Bürger und Bürgerinnen zweiter Klasse sehen. "Es wird eines starken Zeichens der Wertschätzung durch die Regierung gegenüber den Evangelischen bedürfen, um diese Emotionen wieder ins Lot zu bringen", wies der Bischof hin. "Und wir werden von unserer Forderung nach einem rechtskonformen freien Karfreitag nicht abgehen", denn der Todestag Christi sei für Evangelische von zentral wichtiger Bedeutung.
Quelle: kathpress