Diakonie-Direktorin Moser für medizinische Indikation
Die Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser plädiert dafür, in der Abtreibungsreglung statt der bisherigen eugenischen Indikation nach deutschem Vorbild eine "medizinische Indikation auf Seiten der Mutter" einzuführen. Demnach wäre bei Gefährdung ihrer körperlichen oder psychischen Gesundheit ein Schwangerschaftsabbruch auch nach der zwölften Woche straffrei, nicht aber wie bisher aufgrund einer embryopathischen Diagnose, schlug die evangelische Pfarrerin in einem Gastbeitrag der Tageszeitung "Der Standard" (Dienstag) vor.
Die evangelische Diakonie fordere seit Jahren die Streichung der sogenannten "embryopathischen Indikation" (Abtreibung auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche bei ernster Gefahr einer schweren geistigen oder körperlichen Schädigung des Kindes, Anm.), da dies eine "moralisch unzulässige Bewertung behinderten Lebens" sei, erklärte Moser. Sie selbst würde Spätabtreibungen weiter erlauben, jedoch nicht auf Basis einer Bewertung von werdendem Leben. Vielmehr gelte es, "das existenzielle Wohl und die Autonomie der schwangeren Frau besonders zu berücksichtigen".
Frauen stellten bei Diagnosen wie schweren Fehlbildungen des Kindes oft existenzielle Fragen, verwies die evangelische Geistliche auf eigene Seelsorgeerfahrungen. "Wie soll ich das schaffen? Wie wäre es, wenn mein Kind zur Welt kommt? Was bedeutet Verantwortung jetzt?", so Moser. Paare würden sich nie leichtfertig zu einem Spätabbruch entscheiden, sondern stünden in einem moralischen Dilemma und einem Ringen um die richtige Entscheidung. Der Blick darauf sowie auch auf die medizinische Sorgfalt und ethische Gewissenhaftigkeit der Ärzte sollten in der aktuellen Debatte über ein Verbot von Spätabbrüchen nicht außer Acht gelassen werden.
Man sollte Müttern nicht durch ein Verbot die Entscheidung abnehmen und sie "verpflichten, ein Kind mit Behinderung auf die Welt zu bringen, wenn das ihre physische und psychische Belastungsgrenze überschreitet", forderte Moser. Vielmehr solle der Grundsatz gelten, dass niemand über sein Können hinaus verpflichtet werde.
"Wohl aber muss gefragt werden, was das Können fördert", so die Diakonie-Direktorin weiter. Nötig sei "ergebnisoffene Beratung, die auch über Behinderung und Unterstützungsangebote informiert", sowie flächendeckend Frühförderung von Kindern mit Behinderung, inklusive Kindergartenplätze und Schulen, Schulassistenz und Nachmittagsbetreuung für Kinder mit Behinderung. "Ein Ausbau dieser Unterstützungsangebote wäre fair und würde - zumindest bei frühen und weniger schweren Diagnosen - an der einen oder anderen individuellen Entscheidung etwas ändern", folgerte Moser.
Quelle: kathpress