Kein Nachlassen im Einsatz für Kinder
Die österreichische Kirche kann und soll in der Missbrauchs-Präventionsarbeit eine Vorreiterrolle spielen. Das hat der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl in einem Interview für den ORF-Steiermark bzw. auch in seinem eigenen Blog krautwaschl.info betont. Man dürfe nicht nachlassen, sich für Kinder und Jugendlichen einzusetzen, "auch weil wir es unserer Gesellschaft schulden", so Krautwaschl. Auch wenn die Kirche in Österreich im Jahr 2010 - "als dieser Skandal über uns hereingebrochen ist" - sehr rasch Maßnahmen beschlossen habe, sei man bei der Präventionsarbeit "noch nicht am Ende der Fahnenstange" angelangt, unterstrich der Bischof.
Das "österreichische Modell" sei auch für Kirchen in anderen Ländern nachahmenswert, meinte dazu Birgit Posch-Keller, Leiterin der Ombudsstelle der Diözese Graz-Seckau, in der "Kleine Zeitung" (Freitag). In der Praxis würden sich teils "Pfarrmitglieder hinter den Täter stellen", sagte die Leiterin der Ombudsstelle über aktuelle Herausforderungen in der "Kleine Zeitung". So erkläre es sich auch, warum es Täter gebe, die nach wie vor mit Kinder und Jugendliche arbeiten. Den Opfern würde nicht geglaubt, manchen würden sogar angefeindet werden, so Posch-Keller.
Die Ombudstelle der Diözese Graz-Seckau wurde bereits 1996 gegründet. Seit dem hätten sich 189 Menschen gemeldet, so Posch-Keller. Die Zahl der Beschuldigten, Priester, Ordensleute und Erzieher liege bei 135. Die meisten seien inzwischen tot und die Übergriffe rechtlich verjährt. Gut zwei Drittel aller Übergriffe fand in den 1960er- und 1970er Jahren statt. Posch-Keller erklärte dies damit, dass die Buben früher "schon mit zehn Jahren ins Knabenseminar und gleich im Anschluss ins Priesterseminar" gekommen seien. Eine "gesunde sexuelle Entwicklung war nicht möglich." Heute müssten die Priesterseminaristen ein psychologisches Gutachten vorlegen.
Zu den Entschädigungszahlungen meinte Posch-Keller, dass man mit Geld "Missbrauch nie wiedergutmachen" könne. Trotzdem sei es gut, dass es zusätzliche Therapien und finanzielle Hilfeleistungen gebe.
Weltweiter Kulturwandel
Kardinal Christoph Schönborn, der derzeit am Kinderschutzgipfel im Vatikan teilnimmt, hat in seiner Freitags-Kolumne in der Gratiszeitung "Heute" einmal mehr den derzeitigen Kulturwandel hervorgehoben. "In staatlichen und kirchlichen Kinderheimen waren Gewalt und sexueller Missbrauch häufig und wurden hingenommen. Man hat weggeschaut. Ähnlich war es bei Missbrauch in Familien. Es wurde geschwiegen. Selten kam etwas ans Tageslicht." Doch damit sei es nun vorbei. Es finde ein weltweiter Kulturwandel statt.
Er sei Papst Franziskus dankbar, dass er nun im Vatikan die Kinderschutz-Konferenz einberufen habe und "dieses traurige und beschämende Kapitel mutig und entschieden angeht". An erster Stelle müssten die Betroffenen stehen, die Opfer. Sie müssten gehört werden. "Kein Vertuschen, Mut zur Wahrheit. Und wirksame Konsequenzen. Nur so wird es zu einem echten Kulturwandel kommen", so Schönborn.
In die gleiche Kerbe wie der Kardinal schlug auch einmal mehr der Vorarlberger Bischof Benno Elbs. Die Kinderschutztagung im Vatikan würde das Bewusstsein in der ganzen Weltkirche schärfen, so Elbs gegenüber dem ORF-Vorarlberg. Der Weg sei vorgezeichnet, "von einer Kultur des Wegschauens zu einer Kultur des Hinschauens."
Missbrauch könne verhindert werden, zeigte sich Elbs überzeugt. Aber Präventionsarbeit sei eine "Aufgabe, die nie aufhören wird". Denn dort, wo Menschen miteinander leben, gebe es "auch potenziell die Möglichkeit des Missbrauchs, des Machtmissbrauches, überall in der Gesellschaft". Elbs forderte darum Wachsamkeit, damit "diese Dinge so gut wie möglich vermieden werden können."
Quelle: kathpress