Auch Wolf hat ein Lebensrecht in Europa
Die Debatte um die Rückkehr des Wolfes nach Österreich und der Umgang damit hat in den letzten Wochen medial Wellen geschlagen. Der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger betonte nun im einem Gespräch mit "Kathpress", dass auch der Wolf ein Lebensrecht innerhalb Europas habe. Gezielte Abschüsse von "Problemwölfen" hält er dennoch für ethisch vertretbar, allerdings nicht als Regelfall, sondern nur in "extremen Notfällen", so der Moraltheologe.
Zum Problem werde ein Tier dann, "wenn es sich nicht in eine Symbiose mit dem Mensch fügen kann" und deshalb nicht mehr "betreubar" ist, denn auch in der Natur gebe es "psychisch gestörte" Tiere. Rosenberger spricht sich deshalb für ein österreichweites Wildtiermanagement aus und fordert "Wolfs-Beauftragte", die die Tiere genau im Blick haben. Nur auf dieser Grundlage könne entschieden werden, ob ein Exemplar wirklich zum "Problemwolf" geworden ist.
Wichtiger als jede Regelung zum Abschuss von Wölfen ist laut dem Theologen der Herdenschutz, der in Österreich in den letzten Jahrzehnten allerdings vernachlässigt worden sei. Es fehle an Wolf-sicheren Elektrozäunen und gut ausgebildeten Herdenschutz-Hunden. Wie effizient diese Maßnahmen sind, habe sich etwa in der Schweiz gezeigt. Grundsätzlich gelte aber: "Der Mensch wird sich mit dem Wolf arrangieren müssen." Von der Politik fordert er, den präventiven Herdenschutz noch besser zu fördern und Bauern für gerissene Tiere zu entschädigen.
Rosenberger, der an der Katholischen Privatuniversität Linz vor allem zu den Themen Umwelt- und Tierschutz forscht und publiziert, ist überzeugt, dass eine Koexistenz "sehr gut funktionieren kann". Denn Wölfe "ticken auf sozialer Ebene" ähnlich wie Menschen: "Sie leben in ganz engen Sozialverbänden und kümmern sich extrem um wehrlose Welpen." Schließlich sei der Wolf auch das erste Tier gewesen, das der Mensch domestiziert habe. Eine besondere Rolle spiele die Rückkehr der Tiere nach Mitteleuropa auch aus ökologischer Sicht.
Als Beutegreifer reguliert er die Zahl der pflanzenfressenden Wildtiere und trägt so zu einer hohen Biodiversität bei Pflanzen bei.
Der schlechte Ruf der Tiere gehe auf deren Dämonisierung im 17. Jahrhundert zurück, die zur Ausrottung in Mitteleuropa geführt habe und bis heute im Bewusstsein vieler Menschen verankert sei. Das Image-Problem könne laut dem Theologen nur durch gezielte Informationen der Bevölkerung gelöst werden, denn "Menschen fürchten sich vor allem vor dem, das sie nicht kennen".
Aus biblischer Sicht habe auch der Wolf ein Anrecht auf einen Platz in Gottes Schöpfung. "Deshalb haben wir nicht das Recht zu sagen, Wölfe müssen aus Europa hinaus." Rosenberger machte auch klar, dass ein gesunder Wolf nie zur Gefahr für einen Menschen werden könne. In der Debatte um eine Senkung des Schutzstatus der Tiere auf EU-Ebene spricht sich der Moraltheologe für eine Beibehaltung der jetzigen Regeln aus.
"Österreich-Zentrum Wolf, Luchs, Bär"
Seitens der Politik will man nun länderübergreifend zusammenarbeiten. Auf Betreiben von Ministerin Elisabeth Köstinger und der zuständigen Länder wird es das "Österreich-Zentrum Wolf, Luchs, Bär" im Raum Gumpenstein in der Steiermark geben, berichtete Wolfs-Experte Kurt Kotrschal vom "Wolf Science Center Vet-Med Uni Wien" am Dienstag in der Tageszeitung "Die Presse". Grundsätzlich hält der Experte das Zentrum für eine gute Idee, leider gäben dort allerdings nicht Umwelt-NGOs sondern Vertreter von Landwirtschaft und Jägerschaft den Ton an.
Alleine die "bescheidenen Mittel" ließen an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens zweifeln. So werden 120.000 Euro für die Geschäftsstelle veranschlagt, 100.000 Euro für die Begutachtung von Schadensfällen und DNA-Analysen und weitere 100.000 Euro sollen in Pilotprojekte, wie Herdenschutz, fließen. Um ein konfliktarmes Zusammenleben mit Wolf und Co. zu erreichen, brauche man laut dem Experten neben dem Herdenschutz vor allem gutes, relativ aufwendiges Monitoring und Freilandforschung. Dafür gebe es allerdings kein Budget.
Das neue Österreich-Zentrum sei gut gemeint, aber zu gering finanziert und es vertrete die Minderheiteninteressen von Jagd und Landwirtschaft, nicht aber den Artenschutz. Konflikte seien damit programmiert, mit den Weidetierhaltern selbst, die man immer noch im Regen stehen lasse, mit den NGOs und mit einer aufmerksamen Öffentlichkeit. so Kotrschal.
Quelle: kathpress