Kampfansage gegen Klerikalismus bei Krisengipfel im Vatikan
Mit einer scharfen Kampfansage an klerikale Ausreden und Abwehrstrategien hat der kolumbianische Kardinal Ruben Salazar Gomez beim Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan für Aufsehen gesorgt. Vor den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus rund 130 Ländern beklagte er, noch immer betrachteten viele Kirchenobere weltliche Strafverfolgung gegen geistliche Missbrauchstäter als einen Akt der Verfolgung gegen die Kirche.
Manche Bischöfe meinten, die Kirche habe ein Recht, ihre Angelegenheiten autonom zu regeln und müsse sich allein nach dem Kirchenrecht richten. In Wahrheit kämen aber die Feinde der Kirche nicht von außen, sondern von innen. Es seien die Geistlichen, die nicht ihrer Berufung entsprechend lebten. "Wir müssen zugeben, dass die Kirche oft - in der Person ihrer Bischöfe - nicht gewusst hat und manchmal heute noch nicht weiß, wie sie sich verhalten muss, um die durch Missbrauch verursachte Krise schnell und entschieden anzugehen", so der Kardinal.
Mit Nachdruck verdammte der Erzbischof von Bogota klerikale Ausreden und Ablenkungsstrategien. Die Tatsache, dass es auch in anderen Bereichen der Gesellschaft Missbrauch gebe, sei keine Entschuldigung für Missbrauch in der Kirche. Es könne niemals eine Rechtfertigung geben, einen sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche nicht anzuzeigen und ihn nicht mit aller Kraft zu bekämpfen. Ausdrücklich lobte Salazar die Rolle der Medien bei der Aufklärung sexueller Straftaten von Geistlichen.
Salazar, der auch Präsident des lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM ist, ging hart mit früheren Reaktionen der Kirchenhierarchie auf Missbrauchs-Vorwürfe ins Gericht. Eine der ersten Sünden sei es gewesen, nicht zuzuhören. Dann hätten viele Kirchenobere gesagt, den Missbrauchsopfern gehe es bloß um finanzielle Entschädigung. In anderen Fällen habe man sich auf Anwälte oder Psychologen verlassen oder sogar gelogen, bloß um die schreckliche Realität nicht anerkennen zu müssen.
Ohne das Insistieren der Opfer und der Medien hätte die Kirche die Tiefe der gegenwärtigen Krise vielleicht immer noch nicht erkannt, erklärte der Kardinal. Der Schaden sei nun so groß und der Schmerz so gewaltig, dass die Kirche niemals mehr werde sagen können, dass sie alles Menschenmögliche getan habe, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Mit Blick auf die Verantwortlichkeit der Kirchenoberen erklärte Salazar:
Heute ist klar, dass jegliche Nachlässigkeit von unserer Seite kirchenrechtliche Strafen nach sich ziehen kann, inklusive der Entlassung aus dem Amt und zivilrechtlicher Sanktionen, die auch zu Haftstrafen wegen Vertuschung oder Beihilfe führen kann.
Um aus der tiefen Krise herauszukommen, brauche es heiligere Priester und Ordensleute und ein heiligeres Gottesvolk. Nur so könne die Kirche dazu beitragen, die weltweite Kultur des sexuellen Missbrauchs auszurotten.
Quelle: kathpress