Katholisch-theologische Fakultät Wien
Literatur & Religion: Wiener Poetikdozentur wird fortgesetzt
Katholisch-theologische Fakultät Wien
Literatur & Religion: Wiener Poetikdozentur wird fortgesetzt
Die im Sommersemester 2016 an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien begonnene Poetikdozentur, in der namhafte Autorinnen und Autoren Berührungspunkte zwischen Literatur und Religion herausarbeiten, geht in ihr drittes Jahr: Am 9. April 2019 beleuchtet der Ost-Berliner Lyriker Uwe Kolbe unter dem Titel "Das vermisste Antlitz" das zeitgenössische Gedicht; am 21. Mai präsentiert der sowohl als Schriftsteller als auch feuilletonistisch-wissenschaftlich arbeitende Autor Hanns-Josef Ortheil "Ideen zu einer Biografie des Glaubens". Schauplatz ist jeweils um 18.30 Uhr der Hörsaal 50 im Hauptgebäude der Universität Wien.
Uwe Kolbe (61) begann sein dichterisches Werk bereits in der Zeit seines Abiturs in Ost-Berlin, wurde aber aufgrund seiner regimekritischen Texte - so "versteckte" er seine Ablehnung der DDR-Staatsführung in Akrostichoi (also Botschaften in Zeilen- oder Versanfängen) - bereits früh mit einem faktischen Publikationsverbot belegt und zeitweise von der Stasi observiert. Nach dem Fall der Berliner Mauer verfasste Kolbe neben Lyrik auch Prosa, so etwa 2005 einen Kriminalroman und Übersetzungen, lebte in Hamburg, Berlin und Tübingen. 2017 legte er im Fischer-Verlag den Band "Psalmen" vor.
Als literarischen Allrounder kann man den gebürtigen Kölner Hanns-Josef Ortheil (67) bezeichnen: Er studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Philosophie, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft und arbeitete während seines Studiums in den 1970er-Jahren als Film- und Musikjournalist und seit den 1980ern als Feuilletonist und Literaturkritiker für renommierte deutsche Printmedien. 1976 promovierte Ortheil mit einer Arbeit zur Theorie des Romans im Zeitalter der Französischen Revolution an der Universität Mainz und wurde dort Hochschulassistent. 1979 lieferte er mit Roman "Fermer" das laut ZDF-Literaturpreis "beste Debüt" der Saison. Ortheils Schwerpunkt bildet aber das "Schreiben über das Schreiben" und auch die Förderung junger Literaten im Rahmen einer Professur für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim; daneben blieb dem mittlerweile vielfach Ausgezeichneten aber auch Zeit für Veröffentlichung eigener Literatur - namentlich zehn Bücher in den vergangenen zehn Jahren.
Viele Literaturgrößen zu Gast in Wien
Seit Beginn der Wiener Poetikdozentur hielten deutschsprachige Literaturgrößen wie Sibylle Lewitscharoff, Michael Köhlmeier, Thomas Hürlimann, Nora Gomringer, Alois Brandstetter und Barbara Frischmuth Vorlesungen an der Theologischen Fakultät. Ziel ist es nach den Worten des Initiators, des Dogmatikprofessors Jan-Heiner Tück, Literatur und Theologie neu aneinander heranzuführen und in ein Gespräch zu bringen, da ihnen dieselben Grunderfahrungen zu eigen seien: Literarische wie religiöse Texte würden die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrung aufnehmen und reflektieren.
Inzwischen sind bei Herder mehrere von Tück herausgegebene Sammelbände zur Poetikdozentur erschienen, zuletzt 2018 unter dem Titel "Feuerschlag des Himmels. Gespräche im Zwischenraum von Literatur und Religion". Die für die Reihe verantwortlichen Theologen Tück und Tobias Mayer bieten im Sommersemester 2019 selbst das Forschungsseminar "Schiffbruch und Planke" an, das die Schifffahrt als literarisch vielfach genutztes Symbol für die Reise des Lebens analysiert. Der an Hugo Rahner angelehnte Untertitel: "Odysseus am Mastbaum bei den Kirchenvätern, Dante und James Joyce".
Quelle: kathpress