Lackner will als Visitator in Gurk "mögliche Irrwege aufzeigen"
Das neue Jahr bringt nach den Worten des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner "so manche schwere und herausfordernde Aufgabe. Ich wurde zum apostolischen Visitator der Diözese Gurk ernannt, werde dort die Universalkirche vertreten". Wie Lackner in seiner Predigt zum Jahreswechsel im Salzburger Dom ankündigte, wolle er "Verwundungen, Leiden und Missverständnisse wahrnehmen", "mögliche Irrwege aufzeigen" und "alles sorgsam prüfen". Seine Erkenntnisse werde er in Rom Papst Franziskus berichten.
An den Anfang seiner Predigt stellte der Erzbischof eine Erkenntnis "aus einer Zeit, als das Christentum fürchterlicher Verfolgung ausgesetzt war": Dennoch habe es schon in der jungen Kirche geheißen: "Der eigentliche Feind des Glaubens kommt nicht von außen." Der Widerstand von außen habe der Kirche in ihren Fundamenten noch nie geschadet, "wohl aber interne Streitigkeiten", wie Lackner hinwies.
Eine weiterer Punkt müsse in der Kirche heute besonders beachtet werden: Zu Christus könne man sich "nur ganz oder gar nicht" bekennen: "Es gibt kein Christsein 'light'", betonte Lackner. Bekennen gehöre zum Glauben dazu "wie das Atmen zum Leben"; Wahrheit solle nicht nur erkannt werden, sondern vor allem auch bekannt werden.
Beim Rückblick auf die jahrhundertelange Wirkungsgeschichte der Kirche stehe heuer in Salzburg die Person des Fürsterzbischofs Maximilian Gandolph (1622-1687) im Zentrum, dem bis Mai 2019 eine Ausstellung im "DomQuartier" gewidmet ist. Diese lasse "die ganze Widersprüchlichkeit von Kirche" sichtbar werden, wies der Erzbischof hin. Gandolph sei der wohl gebildetste Nachfolger des Diözesangründers und Heiligen Rupert gewesen, der zugleich zahlreiche Todesurteile gegen mittellose junge Menschen zu verantworten habe.
Lackner stellte dazu die Frage: "Wird man in unserem Tun und Nichttun in zukünftiger Zeit nicht auch ähnliche Widersprüchlichkeit entdecken?" Kritische Rückblicke in der Zukunft könnten etwa heutige Versäumnisse beim Schutz des Lebens sein, beim Umgang mit Geflüchteten oder der Zerstörung der Natur. "Diese Fragen werden übertroffen von der Fraglosigkeit missbrauchter junger Menschen durch kirchliche Personen", fügte der Erzbischof hinzu. Für die Kirche gelte das berühmte Wort von Martin Luther "simul justa et peccator" (Zugleich gerecht und Sünder). Nach den Worten Lackners brauchte es ein "sich Schuldigfühlen" auch dann, wenn man selbst unschuldig ist, "und es braucht Läuterung und Wiedergutmachung". Der Salzburger Erzbischof dankte allen, die "auch in schweren Stunden" zur Kirche stehen.
Im Rückblick auf den 2018 beendeten "Zukunftsprozess" der Erzdiözese Salzburg rief Lackner den Gläubigen dessen vier Prinzipien in Erinnerung: Es sollte ein spiritueller Prozess werden und Glaubenserfahrungen ermöglichen; besonderes Augenmerk sollte den Impulsen von außerhalb der Kirche gelten, denn "der Glaube muss sich helfen lassen durch Erfahrungen und Errungenschaften, die gerade dort gemacht werden, wo wir nicht gesät haben". Drittens sei festzuhalten: "Glaube ist ein 'Tunwort'" und verlangt Einsatz; und zuletzt stellte sich die Ressourcenfrage. Dazu Lackner:
Die wichtigste Ressource sind für uns die Mitarbeitenden, sowohl haupt- als auch ehrenamtlich.
Eine Frucht aus dem von Pfingsten 2016 bis zum Rupertifest 2018 währenden Zukunftsprozess, der auf eine Belebung bzw. Vertiefung des christlichen Glaubens abzielte, könne schon jetzt geerntet werden, sagte Lackner:
Gerade bei den Verantwortlichen herrscht die Überzeugung, jetzt geht es erst so richtig los.
"Wir sind Kirche und keine Firma"
"Man muss spüren, dass wir Kirche und keine Firma sind": Mit diesem Satz ging der Erzbischof auch in einem Interview der "Salzburger Nachrichten" (31. Dezember) auf die Frage kirchlicher Ressourcen ein. Steigende Kirchenaustritte hätten zur Folge, dass früher in kirchlicher Trägerschaft befindliche Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser nicht mehr leistbar seien. Spardiskussionen sollten nach Überzeugung Lackner jetzt geführt werden, "wo wir noch eine gute Liquidität haben und positiv wirtschaften".
Die Erzdiözese wolle keine Mitarbeiter entlassen, "weil Personal unsere wichtigste Ressource ist". Lackner befürwortete eine Diskussion darüber, wie beim Sachbudget eingespart werden kann bzw. wie Doppelgleisigkeiten zu vermeiden sind. "Dass es im Gebälk einmal knirscht, ist in einem solchen Prozess fast logisch", merkte der Erzbischof an.
Angesprochen auf die frühere Aussage eines diözesanen Verantwortungsträgers, wonach Einrichtungen wie die Katholische Aktion oder das Bildungshaus St. Virgil als "nicht systemrelevant" einzustufen seien, sprach Lackner in dem Interview von einem Fehler: "Wir werden auch gescheiter und in Zukunft mehr aufpassen." Bildung sei für die Kirche unverzichtbar und bleibe jedenfalls "ein Topthema". "Wir wollen und werden uns davon nicht verabschieden", versicherte Lackner. Es gelte anzuerkennen, dass "wir auch einem Regelwerk ausgesetzt sind, das nicht immanent katholischer oder theologischer Natur ist. Wir müssen uns diesem Denken ein bisschen hingeben, zugleich aber schauen, dass man das, was Kirche ausmacht, nicht aus den Augen verliert."
Quelle: kathpress