Gurk: Kritik an "einseitigem Zitieren" aus Wirtschaftsprüfbericht
Kurz vor Aufnahme der von Erzbischof Franz Lackner für Mitte Jänner angekündigten Apostolischen Visitation der Diözese Gurk-Klagenfurt hat sich die von der interimistischen Diözesanleitung eingesetzte "Arbeitsgruppe Bistum" kritisch zu Aussagen von Kardinal Christoph Schönborn und Bischof Alois Schwarz zu Wort gemeldet. In einer am Freitag publizierten Stellungnahme warf die Arbeitsgruppe den beiden Diözesanbischöfen vor, aus dem Prüfbericht des externen Wirtschaftsprüfers Breschan "einseitig und verzerrend" zu zitieren. Diese Versuche einer "Reinwaschung" würden die Arbeit der Prüfer wie auch der Arbeitsgruppe selbst "in ein schiefes Licht rücken".
Die Arbeitsgruppen-Mitglieder unter der Führung des Stiftspfarrers und Ökonomen des Gurker Domkapitels Gerhard Kalidz hätten sich deshalb zu einer "Klarstellung" veranlasst gesehen: Zum einen zeige der Breschan-Bericht auf, "dass Rechtsgeschäfte statutenwidrig ohne Einbindung des Wirtschaftsrates abgeschlossen wurden". Weiters: Bischof Schwarz habe bei seinem Wechsel nach St. Pölten das Bistum Gurk nicht - wie von ihm behauptet - mit einer ausgeglichenen Bilanz übergeben, sondern mit einem Jahresverlust von 1,9 Millionen Euro. Allein das Bildungshaus Stift St. Georgen am Längsee habe in den vergangenen vier Jahren Gesamtverluste von 3,9 Millionen Euro erwirtschaftet - laut der Arbeitsgruppe Bistum "Ergebnis einer völlig verfehlten, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen außer Acht lassenden Investitionspolitik und höchst fragwürdiger Personalentscheidungen".
Die dritte "Klarstellung" bezieht sich auf die Reichweite des Wirtschaftsprüfer-Berichts: Dabei sei nur die rechnerische Richtigkeit der Bistumsbuchhaltung, nicht jedoch die wirtschaftliche Gebarung beurteilt worden. Hohe Abfindungszahlungen an ehemalige Bistumsmitarbeiter oder unübliche Entgeltvereinbarungen im Bistum seien nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, ebenso "großzügige Spenden für kirchliche Großprojekte, die im Zusammenhang mit Liegenschaftsverkäufen des Bistums Gurk geflossen sein sollen". Diese Vorgänge außerhalb des Prüfungszeitraums von 2014 bis 2017 liegenden Geldflüsse im Rahmen der Apostolischen Visitation zu prüfen und offen zu legen hält die Arbeitsgruppe Bistum für "unerlässlich".
Unterzeichnet ist die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Bistum neben deren Leiter Kalidz auch von Dompfarrer Peter Allmaier, Vizekanzler Burkhard Kronawetter und dem Gurker Finanzkammerdirektor Franz Lamprecht als Konsultor.
Die APA zitierte Lamprecht am Freitag mit der Aussage, es sei unbedingt notwendig, dass sämtliche Ungereimtheiten überprüft und aufgeklärt würden, da es sich bei der Finanzgebahrung des direkt dem Bischof überantworteten Mensalgut (=Bistum) um Kirchengeld handle. Jene der Diözese selbst, an die die Kirchenbeiträge der Katholiken fließen, sei von den Vorgängen nicht betroffen.
"Zuständig ist Bischofskongregation in Rom"
Kardinal Schönborn hatte sich zuletzt im "Standard" am Heiligen Abend zur "Causa Gurk" geäußert. Er wolle zum jetzigen Zeitpunkt keine Beurteilung zur Lage in Kärnten abgeben, weil er über "kein Gesamtbild" verfüge. "Ich kenne manche Vorwürfe, kenne aber auch den Befund des Wirtschaftsprüfers, der sagt, dass nichts passiert ist, was das Bistum wesentlich beeinträchtigt hätte oder ungesetzlich gewesen wäre." Als Bischof von Wien und Kardinal habe er auch keinerlei Autorität, über einen anderen Bischof oder eine andere Diözese zu richten, stellte Schönborn klar: "Das zuständige Gremium ist die Bischofskongregation in Rom."
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner - vom Papst als Apostolischer Visitator für die Diözese Gurk-Klagenfurt eingesetzt - will in dieser Funktion "ein Sprachrohr nach Rom sein", wie er am Heiligen Abend im ORF erklärte. Bis zur Aufnahme seiner Arbeit Mitte Jänner bitte er "alle, die beteiligt sind, dass wir dem Weihnachtsfrieden eine Chance geben, auch wenn es in brüchiger Umgebung ist".
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue
Wie die APA am Freitag berichtete, ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz wegen Untreueverdachts gegen Bischof Schwarz. Hansjörg Bacher, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, habe einen entsprechenden Bericht der "Kronen Zeitung" bestätigt. Bereits seit Oktober werde gegen die frühere enge Mitarbeiterin des nunmehrigen St. Pöltner Bischofs, Andrea Enzinger, ermittelt. Details zu den Verdachtsmomenten wurden der APA von der Staatsanwaltschaft keine genannt: "Wir stehen im Ermittlungsverfahren ganz am Anfang", so Bacher.
Enzinger war als Leiterin des Bildungshauses St. Georgen angestellt - laut APA mit einem Jahresgehalt von 91.000 Euro plus Dienstauto und Dienstwohnung. Nach dem Wechsel von Bischof Schwarz nach St. Pölten wurde Enzinger im Juli beurlaubt, Ende August wurde das Dienstverhältnis beendet. Ein Arbeitsgerichtsprozess deswegen endete Anfang November mit einem Vergleich; zugleich verfügte der zuständige Richter, dass Unterlagen wegen des Verdachts der Untreue an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet würden. Wegen möglicher Befangenheit in Klagenfurt übernahm die Staatsanwaltschaft Graz den Fall.
Quelle: kathpress