Zulehner zu Konflikt in Gurk: In Zukunft transparente Finanzen
Eine notwendige Konsequenz aus dem Konflikt zwischen dem Gurker Domkapitel und dem früheren Kärntner (und jetzigen St. Pöltner) Bischof Alois Schwarz ist aus der Sicht des Wiener Theologen Paul Zulehner eine völlig neu gestaltete Finanzgebahrung in der Diözese Gurk-Klagenfurt. Dort gebe es wie auch in anderen deutschsprachigen Diözesen zwei getrennte Geldtöpfe: das dem jeweiligen Bischof überantwortete Mensalgut als "feudales" Erbe der Landesheiligen Hemma von Gurk und das für jedermann einsehbare Budget der Diözese. Im Sinne heutiger demokratischer Standards in Bezug auf finanzielle Transparenz sollten beide Geldtöpfe vereint werden, riet Zulehner am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal des ORF.
Der ökonomische Teil der Vorwürfe der derzeitigen Kärntner Diözesanleitung an Bischof Schwarz ließe sich damit in Hinkunft entschärfen, meinte der Wiener Theologe. Der am Dienstag von Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger und weiteren Mitgliedern des Gurker Domkapitels präsentierte Abschlussbericht einer Arbeitsgruppe hatte ja die intransparente und zuletzt verlustreiche Geldverwaltung im Bistum (=Mensalgut) kritisiert. Weitere Kritikpunkte war das Fehlen einer externe Wirtschaftsprüfung, die inzwischen nachgeholt wurde, und eine Schwächung der Kontrollgremien des Mensalguts.
Differenziert bewertete Zulehner die Entscheidung von Bischof Schwarz über die Verwendung der Mittel des Mensalguts. So könnten Investitionen in ein bischöfliches Bildungshaus wie jenes in St. Georgen am Längsee durchaus der Vorgabe entsprechen, das Erbe der hl. Hemma (es bildet seit dem 11. Jh. den wirtschaftlichen Grundstock des Mensalguts, Anm.) zum Wohl der Kirche in Kärnten einzusetzen. Verluste erklärten sich wohl auch dadurch, dass das Bildungshaus veraltet war und unter der Konkurrenz eines nahe gelegenen modernen Seminarhotels litt. Ob Geld in diesem Fall gut eingesetzt wurde, hätten nun Fachleute zu prüfen. Von Bischof Schwarz war es nach den Worten von Zulehner jedenfalls "ungeschickt", seit 2013 eine externe Wirtschaftsprüfung auszusetzen.
"Glaube nicht an Zölibatsproblem"
Ein zweites Problem in der katholischen Kirche Kärntens sei der Eindruck, dass eine "Schattenbischöfin" und nicht Schwarz selbst Entscheidungen getroffen habe, so der Wiener Theologe. Das habe bei vielen Wunden geschlagen und auch für "Demütigungen" gesorgt, die sich auch im Bericht des Domkapitels widerspiegeln würden. Er, Zulehner, glaube nicht an ein "Zölibatsproblem" von Schwarz, das dieser auch bestritten habe. Bischof Schwarz selbst hatte dazu u.a. im Juni im ORF-Religionsmagazin "Orientierung" erklärt, er habe "korrekten Umgang mit den Frauen in meiner Diözese" und verwehre sich gegen anderslautende Unterstellungen.
Zulehner nahm damit Bezug auf das Pressestatement des Gurker Domkapitels, worin es hieß:
Aufgrund seiner Lebensführung war der Bischof in seiner Amtsführung immer mehr beeinträchtigt, weil er für Priester im Zusammenhang mit der Zölibatsverpflichtung erpressbar war.
Zulehner dazu: Erpressbarkeit sei gegeben, weil Schwarz viele Entscheidungen nicht selbst getroffen habe, sondern weil die "Schattenfrau im Hintergrund" manches so wollte. "Viele Leute haben dem Bischof gesagt, mach das anders, die hat er alle fallen lassen", erklärte sich Zulehner den nun öffentlich ausgetragenen Konflikt.
Ob sich Schwarz, der "einer der besten Pastoraltheologen im Bischofsamt" sei und immer "sehr gut mit den Leuten konnte", "freispielt von dieser fatalen Abhängigkeit", ist für Zulehner auch die entscheidende Frage, ob dieser im Bischofsamt verbleiben könne. Zu klären sei auch die rechtliche Frage, "wie das mit dem Geld war".
Mensalgut als "Dunkelkammer"
Der Krumpendorfer Pfarrer Hans-Peter Premur, als Vertreter der "Pfarrerinitiative" in der ZiB2 am Dienstagabend interviewt, kritisierte seinen ehemaligen Bischof dafür, das Erbe der Hemma von Gurk so eingesetzt zu haben, dass es "nur wenigen auserwählten Menschen" zugute gekommen sei. Das Mensalgut des Bischofs sei wie eine "Dunkelkammer", für die Schwarz und auch schon seine Vorgänger niemandem Rechenschaft schuldig waren. Über die Finanzgebahrung habe aber die Bischofskonferenz nichts gewusst, stellte Premur klar; die Gespräche, die der damalige Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser bereits 2008 in Kärnten führte, betrafen nicht wirtschaftliche Fragen, die auch erst später zum Problem wurden und zu "Kollateralschäden" geführt hätten.
Diözesanadministrator Guggenberger sagte der "Kleinen Zeitung" am Mittwoch zum Zeitpunkt des öffentlich ausgetragenen Streites:
Wir gehen auf Weihnachten zu. Wie soll die Kirche die Botschaft vom Frieden verkünden, wenn so viele Menschen hier im Unfrieden mit ihrer Kirche leben? Deshalb war es notwendig, dass wir etwas sagen.
In Bezug auf die tags zuvor angekündigten Regressforderungen an den früheren Kärntner Bischof hielt sich Guggenberger bedeckt: "Unsere Rechtsexperten sind dabei, das zu klären."
Der öffentlich ausgetragene Kirchenkonflikt und die Vorgangsweise des Domkapitels wird indes nicht von allen im Kärntner Klerus geteilt: Es sei "schwer nachvollziehbar", dass Diözesanadministrator Guggenberger so massiv in die Öffentlichkeit gegangen sei, zumal Rom für die Klärung der des Konflikts zuständig sei, befand laut "Kurier" am Mittwoch der Dechant von Kötschach, Krzysztof Nowodczynski. Besorgt äußerte sich auch der Interimsleiter von Stift St. Paul im Lavanttal: "Was ich bedauere, ist die unglaubliche Emotionalität, mit der der Konflikt geführt wird. Das tut mir weh und schadet uns als Kirche", so der Administrator, Pater Maximilian Krenn.
Quelle: kathpress