Katholische Religionspädagogen kritisieren Kopftuch-Verbot
Religionspädagogen der Universitäten Innsbruck, Wien und Graz haben sich kritisch zum Kopftuch-Verbot an Kindergärten und Volksschulen geäußert. Die Debatte ziele zugespitzt auf die islamische Religion ab und werde "einseitig, unsachlich und kontraproduktiv" geführt, so Univ.-Prof. Martina Kraml (Innsbruck), Univ.-Prof. Andrea Lehner-Hartmann (Wien) und Univ.-Prof. Wolfgang Weirer (Graz) in einem gemeinsamen Brief an Bundeskanzler, Bildungs- und Innenminister, der in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" publiziert wurde. Die Experten mahnten die "besondere Verantwortung" der Gesellschaft für Kinder ein. Diese dürften nicht für politische Debatten missbraucht werden, heißt es in dem Schreiben weiter.
Gerade bei jüngeren Kinder sollte kein "Zwang bezüglich einer speziell religiös konnotierten Kleidung ausgeübt werden", so die Professoren für Religionspädagogik. Kinder sollten zwar vor "fundamentalistischer Vereinnahmung geschützt werden", die aktuellen "islam- und in der Folge religionsfeindlichen Debatten verfehlen aber dieses Ziel". Die Diskussion würde eher eine Radikalisierung vorantreiben und "religiöse Menschen in Opposition zur Gesamtgesellschaft setzen". Diese "geschlossenen Zirkel" könnten Kindern den Zugang zu einer offenen Gesellschaft erschweren, befürchteten die Pädagogen. Anstatt in Polarisierung sollte man in "Bildungsinstitutionen und die Qualifizierung des pädagogischen Personals" investieren, so Kraml, Lehner-Hartmann und Weirer.
Dazu gehöre auch, dass ein säkularer Staat nicht die Religionsfreiheit einschränken, sondern darauf achten solle, "dass religiöse Überzeugungen unabhängig von Mehrheitszugehörigkeit in Freiheit gelebt werden können". Dazu gehöre auch das "Tragen religiöser Symbole", meinten die Pädagogen, die sich "für eine gerechte und pluralitätsfähige Bildung für alle" einsetzen.
Kraml, Lehner-Hartmann und Weirer forderten ein Ende der "diskriminierenden Verbotspolitik" und appellierten an die zuständigen Verantwortungsträger, das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen und "Bildungsoffensiven" für Institute und Lehrpersonen zu treffen, "die unsere plurale Gesellschaft konstruktiv und zukunftsfähig gestalten".
Kopftuch als bewusste Entscheidung
Eine Entscheidung, ein Kopftuch zu tragen, ist eine bewusste Entscheidung. Daher können Kinder diese Entscheidung nicht treffen.
So der neu gewählter Präsident der "Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich" (IGGÖ), Ümit Vural, am Mittwochabend in der ZiB2. Im Interview mit dem ORF-Journalisten Armin Wolf meinte er, dass der Weg, Verbote zu installieren, ein "destruktiver" sei. Vural forderte daher Dialog und Aufklärung.
Vural halte sich laut eigener Aussage als Präsident der IGGÖ an die Empfehlung des Glaubensrates, wonach das Tragen des Kopftuchs ein religiöses Gebot sei und wolle theologische Themen nicht näher beurteilen.
Nein. Eine Frau, die kein Kopftuch trägt, ist nicht schlechter zu bewerten als eine Frau, die ein Kopftuch trägt.
So Vural auf die Nachfrage von Wolf, ob eine Frau eine schlechtere Muslimin sei, wenn sie kein Kochtuch trage. Ein Kopftuch zu tragen oder nicht zu tragen, sei für Vural eine persönliche, höchst intime Gewissensentscheidung.
Für Kindergartenkinder ist das Tragen eines Kopftuchs bereits seit Ende November verboten. Die sogenannte 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Länder - die rückwirkend per 1. September 2018 in Kraft tritt -vereinbarte den Ausbau der Kinderbetreuung, brachte aber auch eine verbindliche Vermittlung von Grundwerten sowie ein Kopftuchverbot mit sich. Den Antrag auf ein Kopftuchverbot für Volksschulkinder haben die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ am 22. November 2018 im Nationalrat eingebracht. Das Verbot "weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist", soll nach dem Willen der Regierung als Verfassungsbestimmung verankert werden und ab dem Schuljahr 2019/20 gelten. Das Verbot betreffe aber nicht nur das Kopftuch muslimischer Schülerinnen, sondern auch den Turban der Sikhs, nicht aber die jüdische Kippa.
Quelle: kathpress