IGGÖ richtet eigene Abteilungen für Medien und für Recht ein
Der am Samstag gewählte neue Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, hat bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien sein Team vorgestellt und Neuerungen angekündigt. Die Moscheenschließungen im Juni hätten zu einer "schwierigen Zeit" in der IGGÖ und für die IGGÖ geführt und schließlich zur Vertrauensfrage über ihre Spitzenvertreter. So sei es am Wochenende zum Wechsel gekommen. "Es genügt aber nicht, nur den Namen an der Spitze zu ändern. Es braucht grundsätzliche Änderungen, es braucht Vertrauen von allen Seiten. Wir müssen auch aus den Fehlern der Vergangenheit lernen", so Vural. Einer seiner ersten Schritte werde sein, eine Medienabteilung und eine Rechtsabteilung einzurichten.
Der IGGÖ-Präsident bekannte sich zu seinem bisherigen Engagement in der Islamischen Föderation - sie gehört zur Strömung der Milli-Görus-Bewegung -, stellte aber klar, dass er dort keine Leitungsfunktion innegehabt hatte. Er sehe aber aufgrund seiner Wahl seinen Platz nicht mehr in einer Gruppe, sondern er wolle als IGGÖ-Präsident alle dort präsenten Gemeinden und Richtungen vertreten.
Im Blick auf seine Herkunft sagte Vural:
Milli Görus war die Gemeinschaft meines Vaters. Das ehrenamtliche Engagement in dieser Gemeinde war für ihn sehr wichtig. Das Ehrenamt dort war auch für mich wichtig, mehr ist es aber nicht.
Kampf gegen antimuslimischen Rassismus
Ein wichtiges Anliegen sei ihm der Kampf gegen den antimuslimischen Rassismus.
Zu uns kommen Frauen, die sagen, dass sie immer zu Fuß gehen. Sie haben Angst, in die Straßenbahn einzusteigen, um nicht beschimpft zu werden.
So berichtete Vural. Dem müsse die Gesellschaft "die Rote Karte zeigen, wir dürfen nicht zulassen, dass das normal wird".
Bei der Imam-Ausbildung und -Besetzung wolle er erreichen, dass staatlicherseits eine Übergangsfrist beim Wechsel von ausländischen zu österreichischen Imamen gewährt wird. Durch das neue Islamgesetz hätten 65 türkische ATIB-Vereins-Imame ihre Predigtstellen verloren. Es sei sehr schwer, in einem Jahr in Österreich ausgebildeten Ersatz für 65 Moscheen zu finden. Deshalb hoffe er auf die Gewährung einer befristeten interimistischen Lösung. "Aber natürlich ist die Imam-Ausbildung in Österreich ein dringendes und gesamtgesellschaftlich wichtiges Anliegen", so Vural.
Kopftuch-Verbot für Kinder destruktiv
Er ging auch auf die Kopftuch-Frage ein. Bei erwachsenen Frauen in allen Berufen müssten die Grund- und Freiheitsrechte gelten, betonte der IGGÖ-Präsident: "Niemand kann entscheiden, wie sie sich anzuziehen haben." Schwieriger sei die Frage bei Kindern. Von ihnen könne man eine freie Entscheidung nicht erwarten. "Aber ich halte den Verbots-Weg für destruktiv." Vielmehr setze er auf den Dialog mit den Eltern. Keine Entscheidung habe er - so Vural - getroffen, ob er das schulische Verbot des Kopftuchtragens bis zum vollendeten 10. Lebensjahr anfechten werde. Dies müsse noch ausgiebig geprüft werden.
Grundsätzlich bekannte sich der neue IGGÖ-Präsident zu einem verstärkten Dialog mit der Mehrheitsgesellschaft und mit der Bundesregierung. "Wir wollen Gesprächspartner sein, wir bekennen uns zu den Rechten und Pflichten." Keinesfalls zutreffend sei der Vorwurf, dass das Ausland in der IGGÖ mitentscheide: "Wo Probleme sind, werden sie hier gelöst, und nur hier."
Nach Vurals Wahl wurde im Schurarat (Parlament) auch ein neuer IGGÖ-Generalsekretär gewählt, Murat Doymaz. Vizepräsidenten sind der bosnischstämmige Adis Candic und Seyfi Recalar von der Türkisch-islamischen Union (ATIB).
Ümit Vural wurde 1982 im türkischen Yozgat geboren. Mit sechs Jahren kam er nach Österreich. Sein Vater arbeitete als Maurer. Ümit Vural studierte nach der Matura Rechtswissenschaft und engagierte sich sehr bald als Jugendvertreter in seiner Moschee im Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus, wo er bis heute wohnt.
Vural ist bekannt für sein soziales Engagement und kandidierte mit einer eigenen Liste "Perspektive" bei der Arbeiterkammer-Wahl 2009, wo er drei Mandate erreichte, die er 2014 auf vier ausbauen konnte. Er setzte sich vor allem gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt ein und ist nach wie vor - wie einer seiner Brüder - als Kammerrat aktiv.
Quelle: kathpress