Mediziner Huber: Diesseits wurde zum Großkaufhaus
Von einer "Zeitenwende" und einem "Kampf der religiös Musikalischen gegen die Unmusikalischen" spricht der Mediziner und Theologe Prof. Johannes Huber. Dabei würden die Unmusikalischen zunehmen, so Huber. Er äußerte sich dieser Tage in Wien bei der Präsentation seines neuen Buches "Woher wir kommen und wohin wir gehen. Die Erforschung der Unendlichkeit".
Der Gynäkologe war von 1973 bis 1983 Sekretär von Kardinal Franz König. Mit seinem Buch löse er auch ein Versprechen ein, das er dem Kardinal einst gegeben habe, so Huber. Nämlich dass er seine Möglichkeiten nütze, "auf die Vereinbarkeit von Naturwissenschaft und Religion hinzuweisen".
"Heilkunst und Ärzte haben zwei große Gegner: Die Krankheiten und den Tod", so Huber. Sowohl betroffenen Patienten als auch Ärzten stelle sich die Frage, ob der Tod endgültige Vernichtung oder "nur ein Kostümwechsel" sei. Die Moderne rücke hier von einer transzendentalen Antwort immer mehr ab, so der Theologe:
Das Diesseits ist ein derartiges Großkaufhaus geworden, dass die Brücken zur transzendentalen Verankerung abgerissen werden.
Die zentralen Fragen der Menschheit sehe man eher wie das Valium, "das man sich am Sonntag einwirft, um halbwegs beruhigt dem Tod entgegensehen zu können".
Huber merkte freilich an, dass es heute Landstriche wie die neuen Bundesländer in Deutschland gebe, wo die Menschen ganz ohne Jenseitshoffnung gut leben können, ohne depressiv zu werden. "Unbedingt nötig ist es also nicht."
"Minoritätsschutz" für Religiöse?
Als jemand, der lange Zeit in einem öffentlichen Spital arbeitete, wisse er, wie die kollektive Mehrheit bzw. die Kollegen denken, sagte Huber. Und er habe den Eindruck, dass jene, die an transzendentale Inhalte glauben, bald einen "Minoritätsschutz" benötigen werden. Es sei aber unredlich, jene zu ironisieren und zu belächeln, die sich in ihrem Leben für transzendentale Inhalte entschieden haben, so Huber. Er habe den Eindruck, dass viele das Christentum auch absichtlich auf die sehr wichtige Nächstenliebe reduzieren, weil sie sich über andere Inhalte gar nicht mehr zu sprechen trauen.
Als Vertreter der Minderheit verwies Huber u.a. auf den Quantenphysiker und Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Anton Zeilinger. "Er ist der Meinung, dass hinter der Schöpfung sehr wohl eine Information stehen muss." Das Johannesevangelium sollte nicht mit "Am Anfang war das Wort", sondern mit "Am Anfang war die Information" beginnen. Diese Information sei in allem enthalten, auch die Schöpfung gehe nach ihr vor.
In der Information der Schöpfung sind wir vorhanden. Wenn wir damals schon in der Information vorhanden waren, warum sollte diese Information mit unserem Tod zerstört werden? Sie bleibt wahrscheinlich aufrecht.
Prägen Hormone #MeToo-Debatte?
Huber ging bei der Präsentation seines Buches u.a. auch auf die aktuelle #MeToo-Bewegung ein. Diese sei zwar grundsätzlich gut, und als Gynäkologe sei er ohnehin "Anwalt der Frauen", manchmal würde #MeToo aber auch "übers Ziel hinausschießen". Er machte dafür möglicherweise die Zunahme weiblicher Geschlechtshormone, Östrogene, verantwortlich, die die Rezeptoren im Gehirn derartig verändern, dass man bei Unangenehmem schneller überreagiert.
Die Zunahme hormonell wirksamer Chemikalien in der Umwelt, dazu zählte Huber etwa Antibiotika und Pestizide, verändere ganz grundsätzlich die Reproduktion und die Einstellungen von Frauen und Männern zu gewissen Dingen. Das bedeute etwa, dass Männer heute eine viel geringere Spermienanzahl haben. Zudem gehe die gesamte Gesellschaft laut Huber deshalb in Richtung einer Feminisierung.
Johannes Huber: "Woher wir kommen. Wohin wir gehen.: Die Erforschung der Ewigkeit. Verlag "edition a", Wien 2018.
Quelle: kathpress