Onlinepetition will neuen Aufenthaltstitel für gut Integrierte
Für Fremde, die voll in Österreich integriert sind und Einsatz zugunsten der Gesellschaft zeigen, soll ein eigener Aufenthaltstitel geschaffen werden, der unabhängig von Asyl- und humanitärem Bleiberecht ist: Das fordert eine am Freitag in Wien gestartete Petition von der Regierung. Initiatoren sind die ehemaligen Flüchtlingskoordinatoren Christian Konrad und Ferry Maier von der Allianz "Menschen.Würde.Österreich", Unterstützer der ersten Stunde die Spitzenvertreter von Caritas, Diakonie, Volkshilfe und weiteren Einrichtungen der Zivilgesellschaft. Die Petition kann online auf http://aufstehn.at/modernes-bleiberecht unterzeichnet werden.
"Niemand versteht es, dass oft genau jene Menschen abgeschoben werden, die seit Jahren bestens integriert sind und eine Mehrwert für unsere Gesellschaft darstellen", erklärte Konrad bei der Präsentation der Initiative im Wiener Juridicum. Viele Flüchtlinge nutzten trotz ihres Arbeitsverbotes ihre meist jahrelange Wartezeit für ihren Bescheid auf bewundernswerte Weise für Integration, Spracherwerb und Ausbildung, unterstützt und begleitet von enormem Einsatz vieler Freiwilliger.
NGOs, Privatpersonen und Gemeinden kämpfen darum, dass diese Menschen bleiben können, stehen dann aber macht- und hilflos vor inhumanen und unverständlichen Abschiebungsbescheiden, die oft wissentlich auf falschen Argumenten aufbauen.
Dieser Entwicklung wollen die Initiatoren durch ein "modernes Bleiberecht" entgegensteuern. Eine Novellierung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes soll dabei einen neuen Aufenthaltstitel für besonders gut integrierte Fremde ermöglichen. Länder und Gemeinden sollten dabei Mitsprache erhalten "da diese wissen, wer die Menschen sind und wie ihre Integration läuft", wie Ferry Maier erklärte. Ein "Pull-Faktor" für zusätzliche Migration werde der neue Titel kaum sein, gehe es doch um seit Jahren in Österreich lebende Menschen. Man hoffe auf breite Beteiligung der Petition, um darauf aufbauend Gespräche mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Karl-Heinz Strache aufzunehmen.
Durchaus sei eine derartige Regelung eine Form "geordneter Zuwanderung", hob Asylanwältin Michalea Krömer hervor. "Betroffen wären eine begrenzte Anzahl von Menschen, die sich bereits in Österreich befinden und diesen Aufenthaltstitel auf Grundlage eines objektiven, nachvollziehbaren Kriterienkatalogs und für eine zunächst befristete Zeit der Bewährung erhalten." Das Asylrecht - zu dessen Veränderung die Regierung nicht bereit sei - werde dabei nicht berührt, ein Asylverfahren könne parallel dazu weiterlaufen. "Es wäre im Interesse Österreichs, dass die Menschen bleiben können, die vor Ort gebraucht werden", so die Juristin.
Von Fällen, die die Dringlichkeit einer derartigen Regelung aufzeigten, berichtete der St. Pöltner Caritas-Direktor Hannes Ziselsberger. In der St. Pöltner Landesberufsschule hätten vor zwei Wochen 192 Schüler in einem Brief an die Politik und die Caritas gefordert, dass ein bestens integrierter Mitschüler - ein 17-jähriger Friseurlehrling aus Afghanistan - nicht abgeschoben wird. Ähnlich gebe es im Bildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe der Caritas mehrere Flüchtlinge, die nach Jahren in Übergangsklassen nun im regulären Schulbetrieb aufgenommen worden seien, bald die Pflegeausbildung abschließen würden und nun den zweiten negativen Asylbescheid in den Händen halten. Immer wieder gelinge es zudem Kleingemeinden, Flüchtlingsfamilien zu integrieren, die Kinder in der Schule und die Eltern in gemeinnütziger Arbeit. "Mit der Abschiebung stehen die Betroffenen, jedoch auch die vielen Helfer vor den Scherben ihres Engagements", so Ziselsberger.
Volkshilfe-Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger sprach von einer Maßnahme gegen das "Aussondern" von Menschen und der Rettung von Menschenwürde, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser verwies in einer Videobotschaft auf die von Behinderung und schwerer Krankheit betroffenen Flüchtlinge, an die derzeit noch niemand denkt. Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung, und Georg Kraft-Kinz, Obmann des Vereins "Wirtschaft für Integration", begründeten ihre Unterstützung mit dem Fachkräftemangel, aufgrund dessen Talente strategischer genutzt werden sollten; zudem stellten sich mit Erika Pluhar sowie den Schauspielerinnen Hilde Dalik und Susi Stach auch Künstler hinter die Bleiberechts-Idee.
Es gehe bei der angestrebten Lösung auch um die Anerkennung der in großem Umfang geschehenden Freiwilligenarbeit, betonte Flüchtlingskoordinator Ferry Maier. Deren Einsatz sei von der Regierung bislang weitgehend unbedankt, "vielmehr hat man hat eher den Eindruck, er sei unerwünscht".
Quelle: kathpress