Benediktinerin: Klöster sind ein Korrektiv zur Schnelllebigkeit
In Klöstern "ticken die Uhren anders" - und sie lassen auch ihren Besuchern wichtige Grundhaltungen erfahren, die im heilsamen Gegensatz zu problematischen Alltagserfahrungen stehen: Das hat die Priorin der Salzburger Abtei Nonnberg, Sr. Eva-Maria Saurugg, bei der Herbsttagung der Ordensgemeinschaften im Wiener Kardinal-König-Haus dargelegt. Auch alte Klöster - das ihre gilt als das älteste Frauenkloster nördlich der Alpen - "gehen mit der Zeit, ohne aber alle Zeitströmungen mitzumachen", erklärte die Benediktinerin am Mittwoch im Rahmen des "Kulturtages".
Was Menschen an Klöstern am meisten berühre, sei die "Konzentration auf das Wesentliche", um welche sich Ordensleute mit Eifer bemühten, sagte die Benediktinerin. Der Weg dorthin führe über Stille und Schweigen, mit denen Ordenshäuser einen Gegenpol zum geschäftigen Alltagstreiben darstellten. "Aura" hätten Klöster vor allem deshalb, da man hier "Transzendenz" erfahre. "Die Mauern sind von Gebet und ununterbrochenem Gotteslob durchtränkt." Gott stehe in der Alltags- und Lebensgestaltung im Kloster stets an erster Stelle, "denn er hat letztlich immer den längeren Atem. Das lässt das eigene Meinen und Empfinden zur Nebensache werden", so Sr. Saurugg.
Viele Aspekte der von Benedikt von Nursia (480-529) geprägten Ordensregel seien von überraschender Relevanz für die heutige Gesellschaft, erklärte die Ordensfrau. Ein "Korrektiv zur Schnelllebigkeit und Wegwerfmentalität" sei etwa der sorgfältige Umgang der Nonnen mit der Zeit wie auch mit Gebrauchsgegenständen. "Klöster haben Nachhaltigkeit immer groß geschrieben. Entscheidungen sollen so getroffen werden, dass sie Bestand haben, und was angeschafft wird, soll gepflegt und möglichst ohne Gebrauchsspuren benützt werden", erklärte Sr. Saurugg. Ein Nonnberger Kleiderkasten trage die Inschrift "1608", eine Tafel für die Arbeitseinteilung der Schwestern werde seit 1777 benutzt.
"Benedikt verfügte, dass alle Gegenstände so sorgfältig zu behandeln sind, als wären sie heiliges Altargerät. Verhalte ich mich so, zeige ich mich dankbar, dass es diese Gegenstände gibt. Ich bin mir bewusst, dass ich auf Grundlage vorhergehender Generationen lebe, und versuche, die Tradition auch an die nächste weiterzugeben", kommentierte dies die Ordensfrau.
Schönheit und "kritische Kontinuität"
Ohne in Luxus zu verfallen, achte man im bereits 1.300 Jahre alten Kloster Nonnberg zudem darauf, Gegenstände mit Liebe zum Detail und mit Schönheit herzustellen, wie kunstvolle Verzierungen an Kastentüren oder Beschläge von Türschlössern zeigten. "Technik lässt den Menschen kalt statt ihn zu berühren, da sie nur mathematischen Prinzipien folgt. Für einen Computer gibt es beim Binärcode zwischen 0 und 1 nichts. In jedem Menschen steckt aber ein Sehnen nach dem, was den Alltag transzendiert - wie auch Kunst, Musik und Tanz und Schönheit." In vielen Klöstern sei eine "schlichte Schönheit" nicht durch Kunstwerke, sondern auch etwa durch eine liebevolle Gestaltung der Räume spürbar, so die Priorin des in der Salzburger Innenstadt befindlichen Frauenklosters.
Viele weitere Prinzipien der Benedikts-Regel seien von universaler Gültigkeit, erklärte Sr. Saurugg. Der frühmittelalterliche Mönchsvater habe etwa "kritische Kontinuität" vorgezeigt und dafür einen "selbständigen, flexiblen Umgang mit Tradition" in Blick auf konkrete Begebenheiten und "Rücksicht auf das, was die Umstände und Möglichkeiten erfordern", verlangt. Er sei somit Kompromisse eingegangen im Wissen, dass das Ideal eigentlich ein höheres sei, habe dieses Ideal aber dennoch den Mönchen vor Augen gestellt, um sie anzuspornen und den Eifer zu wecken. Sichtbar sei dies etwa bei seiner Einteilung der Psalmen, bei der Benedikt um Ausgewogenheit zwischen Gebet, Arbeit und geistlicher Lesung bemüht gewesen sei, oder bei seinen Anweisungen zur Askese.
Großes Besucherinteresse
Das Interesse der Menschen an der langen Klostertradition in nur 400 Meter Entfernung vom Salzburger Domplatz sei enorm, berichtete Sr. Saurugg über die Erlebnisse beim Fremdenführertag, zu dem das Kloster zu Jahresbeginn - aus Anlass der 1.300-Jahres-Feier von Stiftsgründerin Erentrudis - den Außenbereich für Besucher geöffnet habe. "Über 1.000 Leute kamen zu uns bei Führungen im 10-Minuten-Takt. Wenn wir wollten, könnten wir jeden Tag nichts anderes tun als Gruppen durch unser Haus zu führen", so die Ordensfrau. Man setze jedoch auf eine nur "behutsame Öffnung": Eine Kirchenmusikerin wurde angestellt, um einmal pro Monat zu "Nonnberger Abendmusiken" einzuladen, zudem gibt es 14-tägig ein Jugendgebet in der Stiftskirche - wobei Studentinnen das Gebet, die Ordensfrauen die Agape vorbereiten.
Quelle: kathpress