Otto Mauer-Preis: Generalvikar Krasa würdigt Kunst, die berührt
Die 37-jährige Videokünstlerin Anna Witt ist am Mittwochabend im Wiener Erzbischöflichen Palais mit dem renommierten Msgr.-Otto-Mauer-Preis ausgezeichnet worden. Witt, die aus Wasserburg in Bayern stammt und in Wien lebt, studierte an den Kunstakademien in München und Wien. Sie ist aktuell auch in der Gruppenausstellung "Der Wert der Freiheit" im Belvedere 21 vertreten.
Der Vorsitzende der Jury, P. Gustav Schörghofer SJ, und der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa zeigten sich tief beeindruckt von der Kunst Witts, weil sie berühre und eigenständige Antworten herausfordere. "Es sind Bilder, die im Kopf bleiben", sagte Krasa, der berichtete, dass er sich Witts Videos am Wochenende mehrere Stunden lang angesehen habe. "In der geistlichen Tradition gibt es ein Wort dafür: Kontemplation", so Krasa. "Anna Witt lehrt, hinzuschauen, genau hinzuschauen, nicht nur an der Oberfläche." Das sei dann oft "nicht angenehm". Gefordert sei vor dem Hintergrund des nicht gerne Zugelassenen "eine respektvolle Art des Hinsehens".
Jesuiten-Künstlerseelsorger Schörghofer sagte, Witts Kunst habe etwas "sehr Dialogisches". Sie bewirke Resonanz und Transformation der Handelnden und Betrachtenden. Es geschehe Einzigartiges, indem sich Menschen berühren ließen. Die Künstlerin suche dazu belebte Orte auf - Wohnanlagen, Einkaufszentren, Flughäfen, Bahnhöfe. Sie komme oft unangemeldet, und sie werde, weil äußerlich unauffällig, nicht behelligt, "man lässt sie gewähren".
Diese Kunst rufe "die Möglichkeit einer Antwort wach". Es gehe um die Spannung Entfremdung - Öffnung. Witt schaffe durch ihre Kunst "Freiräume für wahrhaftes, menschliches Erleben", so Schörghofer.
Anna Witts Interesse ist es, die Lebensrealität mit gesellschaftlichen Idealen in Reibung zu bringen. Vor dem Hintergrund von historischen Utopien bringt sie zum Ausdruck, "was schief gelaufen ist". Dort, wo die Gesellschaft brüchig wird, wo alte Konzepte - etwa der Erwerbsarbeit, der Solidarität, des Generationenvertrags und der Humanität - nicht mehr aufgehen, setzen ihre in Videos mündenden Performances im öffentlichen Raum an.
Seit 1981 - also jetzt zum 38. Mal - verleiht der Otto-Mauer-Fonds der Erzdiözese Wien den mit 11.000 Euro dotierten gleichnamigen Preis. Der Preis gilt als eine der wichtigsten Ehrungen für junge Künstler in Österreich. Er erinnert an den Wiener Priester, Künstlerseelsorger, Galeriegründer und Sammler Msgr. Otto Mauer (1907-1973).
Der Fonds wurde von Kardinal Franz König und Prälat Karl Strobl gegründet und dient im Gedenken an den Namensgeber dem Ziel, den Dialog zwischen Kirche, Kunst und Wissenschaft lebendig zu halten und weiterzuführen. Der Preis wird jeweils für das "gesamte bisherige Werk einer Künstlerin oder eines Künstlers unter 40 Jahren" verliehen. Als besondere Aufgabe sieht es der diözesane Fonds an, "den Dialog zwischen Kirche, Kunst und Wissenschaft lebendig zu halten und weiterzuführen".
Ausschlaggebend für die Zuerkennung des Preises an Anna Witt war laut Jury "ihr auf einem hohen künstlerischen Niveau erbrachtes soziales Engagement". In der gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Situation erscheine die künstlerische Position Witts besonders unterstützenswert. Die Künstlerin verstehe es "gesellschaftlich relevante Themen mit Witz und Leichtigkeit, aber auch mit Präzision in einer qualitativ hochwertigen künstlerischen Form auf den Punkt zu bringen".
Screening am 18. Dezember
Unter den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern befinden sich Erwin Bohatsch, Erwin Wurm, Gunter Damisch, Franz West, Peter Kogler, Brigitte Kowanz, Martin Walde, Lois Renner, Heimo Zobernig, Otto Zitko, Dorit Margreiter, Esther Stocker, Katrina Daschner, Kamen Stoyanov, Ralo Mayer, Luisa Kasalicky, Nilbar Güres. Zuletzt ging die mit 11.000 Euro dotierte Auszeichnung an Catrin Bolt (2015), Andreas Fogarasi (2016) und Toni Schmale (2017).
Rund 100 Vertreter aus dem zeitgenössischen Kunstbereich waren in den vergangenen Jahren in der jährlich wechselnden Jury. 2018 bestand die Jury aus Pater Gustav Schörghofer SJ, Iris Andraschek (Künstlerin), Stella Rollig (Direktorin, Belvedere Museum Wien), Toni Schmale (Otto-Mauer-Preisträgerin 2017), Johanna Schwanberg (Direktorin, Dom Museum Wien). Ein Screening ausgewählter Videoarbeiten von Anna Witt mit anschließendem Künstlergespräch findet am Dienstag, 18. Dezember, 19.30 Uhr, in der Konzilsgedächtniskirche, am Kardinal-König-Platz, 1130 Wien, statt.
Quelle: kathpress