Orden: "Prophetische Präsenzen" in politisch schwierigen Zeiten
Rund 500 Ordensleute aus ganz Österreich haben am Dienstag beim "Ordenstag" in Wien-Lainz über gesellschaftliche und kirchliche Fragen diskutiert, wo die Präsenz von Orden heute besonders gefragt und notwendig ist. Der "Ordenstag" stand unter dem Generalthema "Prophetische Präsenzen". Der Tenor der Vorträge: Orden müssten, wenn nötig, auch gegen den gesellschaftlichen und/oder politischen Mainstream auftreten.
"Es gibt Situationen für einen Christen, wo er sich anders benehmen muss, als von ihm erwartet wird", sagte der emeritierte Erzabt von Pannonhalma, Asztrik Varszegi, in seinem Vortrag. So hätten die Benediktiner 2015 Flüchtlingsfamilien aufgenommen, ganz gegen den gesellschaftlichen Mainstream, der von der ungarischen Regierung vorgegeben wurde. Varszegis Vortrag stand unter dem Motto "Treu zu seiner Sendung stehen, schafft prophetische Zeichen".
Den zweiten Hauptvortrag beim Ordenstag hielt die frühere ORF-Journalistin und nunmehrige führende Vertreterin der Initiative "Omas Gegen Rechts", Susanne Scholl. "Wir leben in finsteren Zeiten", so Scholl in Anspielung auf ein Zitat von Berthold Brecht. Scholl übte heftige Kritik an der gegenwärtigen Regierung. Sie hätte nicht geglaubt, "dass es in Österreich wieder dazu kommt, dass man die Demokratie, den Rechts- und Sozialstaat schützen muss". Sie zeigte sich besorgt ob des zunehmenden Hasses in der Gesellschaft, "dass man einzelnen Gruppen die Menschlichkeit abspricht und es eine Verteilung von unten nach oben gibt".
Die "Omas Gegen Rechts" würden für mehr Menschlichkeit im Land auf die Straße gehen. Sie stünden auch stellvertretend für viele junge Menschen im Land. Scholl: "Wir Omas brauchen keine Angst zu haben, was soll uns schon passieren."
Scholl ist Tochter einer jüdischen Ärztefamilie. Ihr Vater und ihre Mutter mussten vor den Nazis fliehen und lernten sich in England kennen. Sie kehrten nach dem Krieg nach Wien zurück. Die Großeltern väterlicherseits wie auch mütterlicherseits wurden von den Nazis ermordet. Sie sei bewusst Jüdin, so Scholl, und sie hätte es nicht für möglich gehalten, dass Antisemitismus heute in Österreich wieder so offen zum Tragen komme. Nachsatz:
Und ich will nicht, dass meine Kinder in Angst leben und möglicherweise das Land verlassen müssen.
Weitere Programmpunkte beim Ordenstag waren ein Film über die "prophetische Präsenz" von Orden unter Prostituierten in Afrika und die Verleihung des "Preises der Orden 2018". Dieser ging heuer an das VinziDorf-Hospiz in Graz, ein Flüchtlingshilfeprojekt der Steyler Missionarinnen in Athen, ein Trauerbegleitungsprojekt für Kinder in Linz und die Kainbacher Passionsspiele. Überreicht wurden die Preise von Sr. Beatrix Mayrhofer und dem Vorsitzenden der Superiorenkonferenz der Männerorden, Abt em. Christian Haidinger. "Wir Ordensleute wollen vor allem auch dort vor Ort sein, wo andere noch nicht einmal auf die Idee kommen, dass es hier Not geben könnte", so Sr. Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden, bei der Tagung gegenüber "Kathpress".
Abgeschlossen wurde der Ordenstag mit einem Gottesdienst in der Konzilgedächtniskirche in Wien-Lainz. Die Predigt hielt Sr. Sonja Dolesch, Provinzialin der Grazer Schulschwestern und Vorsitzende der Regionalkonferenz der Frauenorden der Diözese Graz-Seckau.
Quelle: kathpress