Syrischer Priester: "Jetzt helfen, bevor es zu spät ist!"
Mehr Hilfe für die Christen in Syrien hat der melkitische Priester Hanna Ghoneim eingemahnt. Nachsatz:
Damit nicht noch mehr auswandern und ihre Heimat verlassen müssen.
Der Wiener Priester leitet die Hilfsorganisation "Korbgemeinschaft" und ist mehrmals im Jahr vor Ort in Syrien. Im "Kathpress"-Interview sprach Ghoneim von bitterer Armut im Land. Es brauche neben humanitärer Hilfe vor allem auch Hilfe zur Ankurbelung der Wirtschaft. Denn ohne Arbeit gebe es keine Zukunft für die Menschen vor Ort. "Der Winter steht vor der Tür. Wir müssen den Menschen jetzt helfen, bevor es zu spät ist!" so der Appell des Priesters.
Ghoneim ist eben erst von einem Hilfseinsatz in Syrien zurückgekehrt. Dabei ist der Priester in der syrischen Hafenstadt Latakia u.a. mit dem melkitischen Bischof Nicolas Sawaf zusammengetroffen. Latakia sei von Kriegshandlungen zwar verschont geblieben, freilich stelle die enorme Wirtschaftskrise im Land aber auch die lokale Bevölkerung vor immense Probleme, berichtete Ghoneim. Latakia hatte vor dem Beginn der Krise rund 800.000 Einwohner. Durch die Binnenflüchtlinge sei diese Zahl nun auf zwei Millionen gestiegen.
Bischof Sawaf habe als aktuell größtes Problem für die Flüchtlinge die medizinische Notlage hervorgehoben. Sei die medizinische Versorgung früher in den staatlichen Einrichtungen für die Bevölkerung kostenlos gewesen, so müsse man nun für so gut wie alles selbst bezahlen. Das sei für viele Familien nicht mehr leistbar. Die Kirche helfe so gut sie könne, freilich seien die eigenen Mittel höchst beschränkt. Zur Illustration: Eine Flüchtlingsfamilie in Latakia brauche mindestens 100.000 Syrische Pfund (ca. 200 Euro) pro Monat, um überleben zu können. Ein Tageslohn betrage aber nicht mehr als 3.000 Pfund (ca. 6 Euro). Und dabei gebe es nur für die wenigsten überhaupt Arbeit.
Bischof: Westen soll vor Ort helfen
Ghoneim unterstützt mit der "Korbgemeinschaft" auch den melkitischen Bischof von Aleppo, Jean-Clement Jeanbart. Dieser appellierte via Ghoneim an den Westen, vor Ort in Syrien zu helfen. "Wenn der Westen helfen will, dann soll er diese vor Ort machen", zitierte Ghoneim den Bischof.
Bischof Jeanbart bemüht sich u.a., geflüchteten christlichen Familien bei der Rückkehr nach Syrien zu helfen. Für Jugendliche hat er ein Ausbildungsprogramm laufen. Die melkitische Kirche betreibt zudem auch zahlreiche Schulen im Land. Hilfsprojekte von Bischof Jeanbart tragen die Bezeichnung "Wir bauen und wir bleiben" oder "Aleppo wartet auf Euch".
Schönborn hat Protektorat inne
Auf Initiative Ghoneims hat Kardinal Christoph Schönborn die kirchliche Stiftung "Korbgemeinschaft - Hilfe für Syrien" gegründet und auch das Protektorat übernommen. Die "Korbgemeinschaft" ist derzeit u.a. in Damaskus, im Hauran-Gebirge, in Homs und in Aleppo tätig. Die Hilfe kommt der christlichen Minderheit, aber auch vielen Muslime zugute. Partner der "Korbgemeinschaft" vor Ort sind kirchliche Einrichtungen wie auch einzelne Priester, die von der Korbgemeinschaft bei ihrer seelsorglichen und sozialen Hilfe unterstützt werden. Beispielsweise wird Binnenflüchtlingen bei der Begleichung von Mieten und Energiekosten geholfen, Bekleidung für Bedürftige organisiert, ärztliche Versorgung vermittelt, für Kinder Schulbusse finanziert und der Aufbau von kleinen Unternehmen unterstützt. Genauso wird auch in die Renovierung von Kirchen investiert.
Ghoneim betonte gegenüber "Kathpress", dass die Hilfe für Syrien nur vorübergehend wäre. "Die Menschen in Syrien sind tüchtig. Sie wollen ihr Land wieder aufbauen und brauchen dafür aber Frieden und ein wenig Hilfe. Dann können sie ihr Leben bald wieder selbst in die Hand nehmen." Die "Korbgemeinschaft" will vor allem auch Jugendliche dabei unterstützen, die Schule abzuschließen oder einen Beruf zu erlernen. "Die Jungen sind willig und motiviert, aber es braucht Ideen und Mittel von außen."
Die Mitarbeiter der "Korbgemeinschaft" sind ehrenamtlich tätig, weshalb jede Spende zur Gänze bei den Menschen ankomme. Partner der Korbgemeinschaft in Österreich sind u.a. die Initiative Christlicher Orient (ICO) und die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO).
(Infos: www.korbgemeinschaft.at)
Quelle: kathpress