IMABE: Scharfe Kritik an Sterbehilfe-Debatte
Scharfe Kritik an der aktuellen Sterbehilfe-Debatte in Österreich hat das Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) geübt. Man führe eine Debatte über ein heikles Thema, "obwohl Österreich noch nicht einmal seine Hausaufgaben bei der Palliativ- und Hospizversorgung erfüllt hat", so IMABE-Leiterin Susanne Kummer in der "Wiener Zeitung" (Samstag). Eine adäquate Antwort auf Depression und Hoffnungslosigkeit von Patienten könne nicht in einer Beihilfe zum Suizid bestehen, "sondern in Beratung und Beistand". Schließlich wolle ein suizidgefährdeter Mensch "dem Leiden entrinnen, nicht dem Leben. Die Person möchte nicht nicht, sondern vielmehr anders leben."
Es widerspreche sich, in die Suizid-Prävention zu investieren, im Gegenzug aber die Suizid-Beihilfe straffrei stellen zu wollen, so die Bioethikerin, die dagegen für eine "neue Sterbekultur" plädierte. Der Hospiz- und Palliativbereich müsse weiter ausgebaut werden. Dabei dürfe Geld keine Rolle spielen: "Wer Geld für Wahlplakate und Autobahnen hat, muss sie auch für den Gesundheitsbereich haben. Das ist eine politische Entscheidung."
Am 12. Februar hatte die österreichische Bioethikkommission ihr Votum zum Thema Sterbehilfe abgegeben. Dabei zeigten sich abermals die beiden großen "Lager", die bei den Debatten immer wieder zu Tage treten: 16 der 25 Mitglieder befürworteten demnach eine Lockerung des strafrechtlichen Verbots der Mitwirkung am Suizid, während acht Mitglieder eine derartige Neuregelung als problematisch bezeichneten. Der Abschlussbericht, der insgesamt vier unterschiedliche Voten abbildet, soll möglichen Regierungsmaßnahmen eine Linie vorgeben.
Das Mehrheitsvotum spricht sich für Straflosigkeit für Angehörige und nahestehende Personen aus, die "einer an unheilbarer, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidenden Person beim Suizid Hilfe leisten, sofern die Beweggründe - Loyalität oder Mitleid - verständlich seien. Der diese Handlung bisher betreffende Paragraph 78 im Strafgesetzbuch (StGB) sollte demnach gelockert werden.
Abweichend davon erklärten acht Kommissionsmitglieder, dass schon die derzeitige Rechtsordnung bei der Frage, ob in einem konkreten Fall rechtswidriges Verhaltens vorgelegen sei, den Einzelfall prüfe und Gewissensnot angemessen berücksichtige statt Pauschalurteile zu fällen, wie Befürworter argumentierten. Eine Abänderung des StGB-Paragraphen 78 würde ein völlig falsches Signal an die Gesellschaft richten und könnte dazu beitragen, dass assistierter Suizid zum Normalfall werde, so die Vertreter dieses Votums.