Küberl fordert "nationale Kraftanstrengung"
Mehr als 376.000 Menschen sind laut am Montag vom Sozialministerium veröffentlichten Zahlen in Österreich derzeit arbeitslos. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete das einen Anstieg um 7,2 Prozent. Der steirische Caritasdirektor Franz Küberl fordert - auch vor dem Hintergrund der zuletzt von Finanzminister Hans Jörg Schelling losgetretenen Debatte um die Höhe und Arbeitslosengeld und Mindestsicherung - "eine nationale Kraftanstrengung", um mehr Erwerbsarbeit zu schaffen.
Auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt seien "schon Hunderttausende Lebensträume zerbrochen", schrieb Küberl in einem Kommentar in der "Kleinen Zeitung" am Sonntag. Jeder Mensch brauche aber eine Erwerbsarbeit, von der er leben könne. "Sie gibt uns Menschen fundamentale Würde und Selbstwertgefühl."
Der steirische Caritaschef fordert einen Ausbau von Beschäftigungsprojekten im Land, um Arbeitslosen Aufstiegschancen zu ermöglichen. Langzeitarbeitslose sollten wenigstens alle zwei Jahre eine sechsmonatige Beschäftigung haben, damit ihre Fähigkeiten und Kenntnisse erhalten bleiben. Gleichzeitig plädiert Küberl für einen "fairen Mindestlohn" in der Höhe von 175 Prozent der Mindestsicherung.
Küberl warf Finanzminister Schelling, der jüngst in einem Interview gemeint hatte, es sei "auch deshalb schwer, Arbeitskräfte zu finden, weil das Arbeitslosengeld fast genauso hoch ist wie das Arbeitseinkommen", ein "Bashing" von Betroffenen vor. "Und irgendwann sollten Politiker und Unternehmer in der Lage sein, den Unterschied von Erwerbsarbeit und Mindestsicherung benennen können", hielt Küberl in einem weiteren Seitenhieb auf so manche Debattenbeiträge der vergangenen Tage fest. "In der Mindestsicherung gibt es keine Pensionsversicherung, keine Weiterbildung, keinen Aufstieg, keine Gehaltsvorrückungen, keine Arbeitskollegen, keine berufliche Anerkennung. Es ist eine Mindestsicherung", erinnerte der Caritasdirektor.
KABÖ gegen einseitige Debatte
Zur Frage, ob der Staat zu großzügig zu Arbeitslosen sei, äußerte sich am Montag auch der Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, Johannes Labner. "Ja, es mag sein, dass dort oder da jemand das Sozialsystem zu seinen Gunsten missbräuchlich ausnützt, dass notwendige Bildungschancen nicht wahrgenommen werden, dass Bequemlichkeit vor Beweglichkeit steht", so Labner in einer Kathpress übermittelten Stellungnahme. Der KABÖ-Obmann wandte sich aber klar dagegen, Handlungsbedarf im System einseitig und stets "auf Kosten der Schwächsten" zu sehen. "Wenn es ums Gemeinwohl geht, so glänzen in unserer neoliberalen Zeit auch die 'oberen Zehntausend', deren Einkommen auch in Zeiten der Wirtschaftskrise gesteigert werden konnte, nicht gerade mit Verantwortungssinn und Zukunftsvorsorge."
Aktuell werde es immer schwieriger, in Erwerbsarbeit einzusteigen, erinnerte Labner. Es fehle an Einstiegsmöglichkeiten für Jüngere genauso wie an Option für ältere Menschen neue Jobs zu finden.
Insgesamt plädierte der KABÖ-Bundesobmann "für eine umfassendere Betrachtungsweise und eine dementsprechend breite politische Debatte, wie in Zukunft national und international die Wirtschaft wieder stärker in den Dienst des Menschen gestellt werden kann". Ein Nachdenken darüber, "wie Erwerbs-, Familien- und soziale Freiwilligen-Arbeit sinnvoll und menschenwürdig in Zukunft koordiniert und gesundheitsbewahrend und existenzsichernd gestaltet werden kann", sei notwendig.